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Viele könnten, aber wollen nicht

  24.11.2021    Handball Jugend Männer Frauen
In dieser Saison sind auf Verbandsebene bereits 23 Handballspiele wegen fehlender Schiedsrichter-Gespanne abgesagt worden. Gründe für die Misere gibt es mehrere.

Cornelius Reith ist Schiedsrichter aus Leidenschaft. Seit fünf Jahren leitet der 22-Jährige vom TSV Schmiden an den Wochenenden mit seinem Partner Dominik Romich (HSG Gablenberg/Gaisburg) Handballspiele bis hinauf auf Verbandsebene. „Das Pfeifen macht mir Spaß. Außerdem lerne ich, zu meinen Entscheidungen zu stehen und wie ich in Stresssituationen mit Menschen kommuniziere“, sagt Cornelius Reith, der 2018 auch das Amt des Schiedsrichterobmanns in der Schmidener Handballabteilung übernommen hat. In dieser Funktion sei er „einmalig“, sagt der Abteilungsleiter Wolfgang Bürkle. Sein Engagement – vor allem in der Findung von Schiedsrichterneulingen – garantiere, dass der TSV vom Bezirk nicht alljährlich wegen fehlender Schiedsrichter zur Kasse gebeten werde. Denn von der B-Jugend an muss jeder Verein entsprechend seiner am Spielbetrieb gemeldeten Mannschaften einen Unparteiischen respektive ein Schiedsrichter-Gespann stellen. Pro fehlendem Unparteiischen sind 300 Euro Strafe fällig. Um sein Deputat zu erfüllen, muss jeder Unparteiische auf Bezirksebene 15 Spiele in der Runde pfeifen. Sind es weniger, wird der Verein entsprechend der Anzahl ebenfalls zur Kasse gebeten.

In dieser Saison bietet der TSV außer Cornelius Reith noch zwölf weitere Unparteiische auf. Damit ist die TSV-Handballabteilung eine der wenigen, die im Bezirk Rems-Stuttgart ihr Soll erfüllen. Ganz im Gegensatz zum Nachbarn TV Oeffingen, der in dem A-Jugendlichen Kian Lünig nur einen Referee hat. Acht wären nötig. „Der TVOe gehört mit zu unseren Topzahlern“, sagt Marc Volle von der HSG Gablenberg/Gaisburg, der seit zwölf Jahren Schiedsrichter-Obmann des Bezirks ist. Der SV Fellbach erfüllt mit acht Schiedsrichtern sein Soll von elf ebenfalls nicht, wohl aber der TV Stetten, der sechs Referees braucht und acht hat. „In dieser Saison hat der Bezirk rund 25 000 Euro von den Vereinen für etwa 80 fehlende Schiedsrichter bekommen“, sagt Marc Volle.

Trotz allem ist der Bezirk Rems-Stuttgart, der größte der acht Bezirke im Handballverband Württemberg (HVW), mit seinen etwa 200 Unparteiischen (90 Prozent sind Männer) noch ganz gut aufgestellt. Die vielen Spielabsagen, die es in dieser Saison bereits gegeben hat, weil keine Referees zur Verfügung standen, betreffen in erster Linie Partien auf Verbandsebene, also von der Landesliga an aufwärts, sagt Marc Volle. Auch die Verbandsliga-Männer des TV Oeffingen und die Frauen des HC Schmiden/Oeffingen in der Württemberg-Liga waren schon von einer solchen Absage betroffen.

Aktuell hat der HVW 52 Gespanne, von denen 50 einsatzfähig sind (zuletzt galt auch für die Unparteiischen die 2-G-Regel). Leiten sollen diese in der Saison jeweils 25 Partien. Eine Rechnung, die bei rund 2000 Begegnungen allein auf Verbandsebene (die Frauen-Landesliga wird von den Bezirken besetzt) allerdings nicht aufgeht. „Wir bräuchten 80 Gespanne“, sagt Dirk Zeiher, der seit 2015 Verbandsschiedsrichterwart ist und beim VfL Ostdorf beheimatet ist.

Die Misere der Coronapandemie zuzuschreiben wäre falsch. „Es gibt einfach zu wenig Schiedsrichter bei uns im Bezirk, die den Aufwand betreiben wollen, auf Verbandsebene zu pfeifen – obschon sie durchaus die Qualität hätten“, sagt Marc Volle. Zumal dann, wenn der Schiedsrichter selbst noch aktiver Spieler ist. „Es macht schon einen Unterschied, ob man nur zehn Kilometer zu einem Spielortfahren muss oder mehr als 100“, sagt Marc Volle.

Dirk Zeiher hat außer dem grundlegenden Problem, dass es zu wenige Einzelschiedsrichter gibt, die dann auch noch bereit sind, im Gespann zu pfeifen, zwei weitere Baustellen ausgemacht. Zum einen, sagt er, finden zu viele Spiele – nämlich rund 60 bis 70 Prozent – am Samstagabend zwischen 18 und 20 Uhr statt. „Es wäre viel einfacher, für den frühen Nachmittag oder am Sonntag Schiedsrichter zu finden“ sagt er. So waren von den in dieser Saison bisher 23 abgesagten Verbandspartien allein 22 an einem Samstagabend terminiert. Des Weiteren wollen die einzelnen Bezirke natürlich in ihrem Verbreitungsgebiet den Spielbetrieb garantieren – und täten sich deshalb schwer, gute Gespanne nach oben abzugeben. „Das ist schon ein Politikum“, sagt Dirk Zeiher.

erstellt von Susanne Degel von der Fellbacher Zeitung